Kommentar zur 6-Quartale-Voraus-Projektion
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Prognose vom 27. Mai 2025 Gesamteindruck: Das "Tal der Tränen", durch das die deutsche Wirtschaft geht, hat 2025 seinen Tiefpunkt. Der nominelle Zuwachs des durchschnittlichen monatlichen Pro-Kopf-Einkommens um 4,2 Prozent wird durch die Inflationsrate von 1,3 Prozent gedämpft. Der Konsum der privaten Haushalte sinkt real um 0,6 Prozent und steigt 2026 um 1,3 v.H. Die höchste Wachstumsrate der ins Gewicht fallenden realen Verwendungsaggregate des BIP im laufenden Jahr 2025 weist der Staatskonsum auf, gefolgt von den Importen und den Exporten. Die im November 2023 geäußerte Hoffnung, dass die Inflation 2024 unter die Zwei-Prozent-Marke fallen könnte, wird sich 2025 erfüllen, der Jo-Jo-Effekt im folgenden Jahr aber auch. Von der epidemiologischen Krise, der anfangs nur zögerlich bekämpften Inflation, den Sanktionen gegen Russland und der Unterstützung der Ukraine (und der Ukrainer und anderer Zuwanderer) sind klarerweise die Staatsfinanzen betroffen. Die Defizitquote des Staates ist 2024 auf 2,7 Prozent des BIP gestiegen. Die sog. Schuldenbremse ist von der "Ampel"-Regierung eingehalten worden, wird 2025 von der neuen Regierung eventuell noch gehalten, aber 2026 überstiegen werden. Die Arbeitslosenzahlen fallen 2025 auf 2,70 Mio. und 2026 auf 2,67 Mio. Die aktuelle Prognose ist in diesem Punkt durch Umstellung des Schätzbereiches mit Vorsicht zu genießen: Die Projektion aufgrund des "alten" Stützbereichs ergab eine Steigerung bis 3 Mio. Da die Beschäftigtenzahlen ansteigen, müsste sich ein Abnahme der Arbeitslosenzahlen demnächst in den Quoten niederschlagen. Die zu erwartende Unterbeschäftigung kann man dem Verlauf der Phillipskurve entnehmen. Die Rahmenbedingungen: Das Modell unterstellt im Prognosezeitraum einen leicht ansteigenden Dollarwert des Euro höher als 1,05 US-$ und geringer als 1,09 US-$. Der langfristige Zinssatz liegt bei 2,5 Prozent mit fallender Tendenz in Richtung 1,0 Prozent, und der Kurzfristzinssatz ist, wie vorausgesagt, unter 3 Prozent gesunken, um auf diesem Niveau zu verharren. Die Geldmenge M1 wächst nach einer kurzen Periode der Schrumpfung etwa genauso schnell wie vor der Pandemie, allerdings von einem abgesenkten Niveau ausgehend. Der Ölpreis schwankt um die 70 US-$ mit sinkender Tendenz. Die Unsicherheit von Prognosen bei einer immer noch präsenten, aber kollektiv nicht mehr wahrgenommenen Pandemie, einer aus den Ankern gerissenen Inflation und unter den Bedingungen eines heißen Krieges in Europa und im Nahen Osten ist kaum abzuschätzen. Hinzu kommen die Unsicherheiten, die mit dem Handelsstreit zwischen den USA und Europa verbunden sind. Unsicherheit durch die Datenlage und durch Datenrevision: Die Daten wurden vom StBA teilweise bis Anfang 2024 zurückgehend revidiert, aber mit nur geringfügigen Änderungen. Das erforderte kaum Eingriffe in das zugrunde liegende Gleichungssystem des EMGQ. Die Bevölkerungszahl stellt nach wie vor einen weiteren Unsicherheitsfaktor dar, wird aber voraussichtlich durch die bislang kaum gebremste Zuwanderung weiter ansteigen. Die größte Unsicherheit besteht diesmal in der Umstellung des Modells auf einen längeren Stützbereich mit dem Ziel, das bislang zu beobachtende extreme prognostische Verhalten zu reduzieren. Kritik der Februar-Prognose: In Bezug auf das reale BIP waren die beiden letzten Prognosen vom November und vom Februar ziemlich genau, was wohl auf einem gewissen Fehlerausgleich bei den anderen Aggregaten beruht. Mit der im Februar 2024 erfolgten umfassenden Überprüfung des Gleichungssystems ist zwar ein realistischeres Bild des Verlaufs der Wirtschaftsentwicklung erreicht worden, das in einigen Punkten die tatsächliche Entwicklung aber immer noch geringfügig übertreibt. Die Ursache für die bislang schon mehrmals festgestellte Neigung des Modells zu extremen Prognosen ist zwar aufgedeckt, aber nicht ganz beseitigt worden: Sie bestand vor allem in der Volatilität der Preisgleichung für den Konsum der privaten Haushalte, für die es bekanntlich kaum Theorien gibt, auf die man sich stützen könnte. Mit der aktuellen Prognose wird versucht, der Neigung zu extremen Prognosen durch Verlängerung des Stützbereiches zu Leibe zu rücken. Im Vorfeld der aktuellen Prognose ist die Abhängigkeit der Beschäftigtenzahl vom Wirtschaftswachstum durch Verstärkung der sozialen und demografischen Faktoren etwas reduziert worden. Nach wie vor basiert die Prognose u.a. auf der langfristigen Welthandels-Prognose des IMF. Eine exakte Angabe der Prognosefehler, die für das gerade abgelaufene Quartal aufgrund der inzwischen vorliegenden Daten ermittelt werden können, findet man wie gewöhnlich unter Vierteljährige Prognosefehler. Ein umfaßenders Bild der auf Jahreszahlen bezogenen Prognosegenauigkeit des EMGE liefert die Tabelle bisherige Prognosen. Anläße für Skepsis gegenüber der Prognose? Nach einer aktiven Zeit von ca. 18 Jahren (die erste Prognose wurde am 2.3.2007 veröffentlicht) hat das EMGE bei den Hauptaggregaten eine hohe Genauigkeit der Ex-post-Prognosen, die in "ruhigen Zeiten" zum Teil deutlich und dauerhaft unter einem Prozentpunkt lagen, und eine gute Plausibilität bei den meisten Simulationsergebnissen und Echt-Prognosen erreicht. Angesichts der sicherlich notwendigen, aber für den Prognostiker problematischen, zum Teil berächtlichen nachträglichen Änderungen in den Daten und angesichts der zugrunde liegenden Methodik eines regressionsgestützten Modells kann grundsätzlich nicht angenommen werden, daß mit der Stabilisierung der Strukturen eines empirisch ständig justierten Modells irgendeine Art von Sicherheit bei den Prognosen erreicht werden könnte. Aus diesem Grund wird auch keinerlei Garantie für das Zutreffen der Prognosen gegeben. Hinzu kommt, daß die Wirtschaft kein autonomes System ist, sondern durch Ereignisse und Entscheidungen aller Art von seiner "natürlichen" Entwicklung abgelenkt werden kann. Kommentar vom 27. Mai 2025
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