Kommentar zur 6-Quartale-Voraus-Projektion
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Prognose vom 29. August 2024 Gesamteindruck: Das "Tal der Tränen", durch das die deutsche Wirtschaft im laufenden Jahr 2024 gehen muss, ist tatsächlich ausgedehnter als erwartet und erstreckt sich bis ins nächste Jahr hinein. Eine Steigerung ist momentan nicht abzusehen. Der nominelle Zuwachs des durchschnittlichen monatlichen Pro-Kopf-Einkommens von 3,4 Prozent wird durch die Inflationsrate größtenteils aufgefressen. Der Konsum der privaten Haushalte sinkt real um 1,3 Prozent, um sich erst 2025 ganz leicht zu erholen. Die höchste Wachstumsrate der realen Verwendungsaggregate des BIP im laufenden Jahr 2024 weist der Außenbeitrag auf, da die Exporte leicht steigen und die Importe fallen. Die im November 2023 geäußerte Hoffnung, dass die Inflation 2024 unter die Zwei-Prozent-Marke fallen könnte, dürfte sich - nach der vorliegenden Projektion - erfüllen, obwohl im kommenden Jahr ein Jo-Jo-Effekt zu erwarten ist. Von der epidemiologischen Krise, der anfangs nur zögerlich bekämpften Inflation, den Sanktionen gegen Russland und der Unterstützung der Ukraine (und der Ukrainer in Deutschland) sind klarerweise die Staatsfinanzen betroffen. Die Defizitquote des Staates ist 2023 auf 2,6 Prozent des BIP gestiegen (2.4 wurden vorhergesagt). Nach der Projektion für das Jahr 2024 bestehen keine Zweifel mehr, dass die sog. Schuldenbremse eingehalten werden kann: Die Quote liegt bei 3,0 (2024) und 1,6 (2025) Prozent. Die Arbeitslosenzahlen steigen geringfügig auf 2,8 Mio an. Da die Beschäftigtenzahlen ebenfalls ansteigen, schlägt sich die Zunahme der Arbeitslosenzahlen nicht unbedingt in den Quoten nieder. Die zu erwartende Unterbeschäftigung kann man dem Verlauf der Phillipskurve entnehmen. Die Rahmenbedingungen: Das Modell unterstellt im Prognosezeitraum einen fast konstanten Dollarwert des Euro bei 1,07 US-$. Der langfristige Zinssatz liegt bei 2,0 Prozent mit fallender Tendenz, und der Kurzfristzinssatz sinkt in den nächsten zwei Jahren von 4 auf 3,5 Prozent. Die Geldmenge M1 wächst nach einer kurzen Periode der Schrumpfung etwa genauso schnell wie vor der Pandemie, allerdings von einem abgesenkten Niveau ausgehend. Der Ölpreis stagniert im 80 US-$ Bereich. Die Unsicherheit von Prognosen bei einer immer noch präsenten, aber kollektiv nicht mehr wahrgenommenen Pandemie, einer aus den Ankern gerissenen Inflation und unter den Bedingungen eines heißen Krieges in Europa und im Nahen Osten ist kaum abzuschätzen. Unsicherheit durch die Datenlage und durch Datenrevision: Die Daten wurden von StBA bis 1991 zurückgehend revidiert. Es erfolgte eine Umstellung des Referenzjahres der Preisindizes auf 2020. Das erforderte kaum Eingriffe in das zugrunde liegende Gleichungssystem. Allerdings kristallisierte sich bei den realen Konsumausgaben eine pandemiebdingte Zweiteilung des Trends heraus. Die demographischen Daten stellen nach wie vor einen weiteren Unsicherheitsfaktor dar, werden aber voraussichtlich durch die bislang kaum gebremste Zuwanderung weiter ansteigen. Kritik der Mai-Prognose: Insgesamt war die letzte Prognose vom Mai sowohl viel zu optimistisch, als auch bei anderen wichtigen Aggregaten viel zu pessimistisch. Mit der seit Februar erfolgten umfassenden Überprüfung des Gleichungssystems ist zwar ein realistischeres Bild des Verlaufs der Wirtschaftsentwicklung erreicht worden, das in einigen Punkten die tatsächliche Entwicklung aber immer noch überschätzt. Die Ursache für die bislang schon mehrmals festgestellte Neigung des Modells zu extremen Prognosen ist zwar aufgedeckt worden: Sie bestand vor allem in der Volatilität der Preisgleichung für den Konsum der privaten Haushalte, für die es bekanntlich kaum Theorien gibt, auf die man sich stützen könnte. Aktuell wird die Inflation mit hoher Wahrscheinlichkeit unterschätzt, aber aus technischer Sicht gibt es keinen Anhaltspunkt, korrigiertend in den ökonometrischen Kernbereich einzugreifen. Eine exakte Angabe der Prognosefehler, die für das gerade abgelaufene Quartal aufgrund der inzwischen vorliegenden Daten ermittelt werden können, findet man wie gewöhnlich unter Vierteljährige Prognosefehler. Ein umfaßenders Bild der auf Jahreszahlen bezogenen Prognosegenauigkeit des EMGE liefert die Tabelle bisherige Prognosen. Anläße für Skepsis gegenüber der Prognose? Nach einer aktiven Zeit von ca. 17 Jahren (die erste Prognose wurde am 2.3.2007 veröffentlicht) hat das EMGE bei den Hauptaggregaten eine hohe Genauigkeit der Ex-post-Prognosen, die in "ruhigen Zeiten" zum Teil deutlich und dauerhaft unter einem Prozentpunkt lagen, und eine gute Plausibilität bei den meisten Simulationsergebnissen und Echt-Prognosen erreicht. Angesichts der sicherlich notwendigen, aber für den Prognostiker problematischen, zum Teil berächtlichen nachträglichen Änderungen in den Daten und angesichts der zugrunde liegenden Methodik eines regressionsgestützten Modells kann grundsätzlich nicht angenommen werden, daß mit der Stabilisierung der Strukturen eines empirisch ständig justierten Modells irgendeine Art von Sicherheit bei den Prognosen erreicht werden könnte. Aus diesem Grund wird auch keinerlei Garantie für das Zutreffen der Prognosen gegeben. Hinzu kommt, daß die Wirtschaft kein autonomes System ist, sondern durch Ereignisse und Entscheidungen aller Art von seiner "natürlichen" Entwicklung abgelenkt werden kann. Kommentar vom 29. August 2024
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